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Ab ins Ausland Teil 1: Ein Leitfaden zur Internationalisierung deines Online-Shops

Auf zu neuen Ufern und jenseits der Landesgrenzen Umsatz mit dem Webshop machen – klingt verlockend. Ist es auch! Die Internationalisierung deines Shops bietet spannende Chancen. Hier kannst du lesen, was du beim E-Commerce im Ausland beachten musst.
von Frank Zimmermann

Bei der Urlaubsreise sagen wir: Andere Länder – andere Sitten. Dieses geflügelte Wort gilt auch für den Online-Handel. Wenn du am internationalen E-Commerce teilnehmen willst, heißt es, die Besonderheiten des Zielmarktes zu berücksichtigen. Das gilt für rechtliche und steuerliche Bestimmungen ebenso, wie für weiche Faktoren wie Konsumentengewohnheiten und kulturelle Eigenheiten des Landes, in dem du verkaufen möchtest. Hier kommt ein Leitfaden.

Am Anfang steht die Zielauswahl

Ganz wie bei der Ferienreise steht am Beginn der Überlegungen die Frage: Wohin soll’s denn gehen? Bei der Auswahl des Zielmarktes spielen letztlich alle später noch zu nennenden Faktoren eine Rolle. Wie bei jedem Geschäft ist die übergeordnete Fragestellung, ob die zu erwartenden Erträge den Aufwand übersteigen, der sich aus der Summe aller im Zielland gegebenen Bedingungen ergibt.

Hier kommt eine Aufstellung der grundlegenden Fragen bei der Auswahl eines Ziellandes:

  • Welches Potenzial bietet der Markt für dein Geschäftsmodell?
  • Wie ist dort die Wettbewerbssituation?
  • Wie steht es um die Kaufkraft und die zu erwartende Nachfrage für deine Produkte?
  • Sind die digitale und logistische Infrastruktur des Landes für dein Online-Geschäft ausreichend?
  • Wie weit ist das Land entfernt und was bedeutet das für deine Logistikkosten?
  • Welchen zusätzlichen Aufwand bringen Gesetze, Steuern, Sprache und Währung mit sich?
  • Passen deine Produkte in das kulturelle Umfeld deines Ziellandes?

Wenn nur eine der genannten grundsätzlichen Fragen mit einem dicken Nein beantwortet werden muss, rate ich zu größter Vorsicht. Ein Beispiel: Du möchtest gerne Erotikartikel in Saudi Arabien verkaufen. Kaufkraft, Infrastruktur, Wettbewerbssituation, wirtschaftliche Stabilität und dergleichen sind prima. Der Aufwand für Währung, Sprache und Logistik wären bei entsprechenden Umsätzen vertretbar. Die Nachfrage ist zugegebenermaßen schwer einzuschätzen. Doch schon wegen der kulturellen und gesetzlichen Begebenheiten in diesem Land bin ich trotz aller genannten Pluspunkte extrem skeptisch für das genannte Beispiels-Geschäftsmodell.

In der Schule haben wir alle das kleine vor dem großen Einmaleins gelernt. Das macht Sinn und wir sollten es auch bei der Internationalisierung des Onlinegeschäftes so halten. Konkret gesprochen heißt der Rat also: Vor der Eroberung des amerikanischen Online-Marktes sollten wir vielleicht erst einmal in Österreich üben.

Allein zwischen Österreich und der Schweiz gibt es bei der Nachfrage der Güter große Unterschiede. Solche Studien sind dringend als Lektüre zu empfehlen (Quelle: ECC Köln mit Namics und prudsys (2014). Erfolgsfaktoren im E-Commerce( (Screenshot: https://www.paypalobjects.com)

Allein zwischen Österreich und der Schweiz gibt es bei der Nachfrage der Güter große Unterschiede. Solche Studien sind dringend als Lektüre zu empfehlen (Quelle: ECC Köln mit Namics und prudsys (2014). Erfolgsfaktoren im E-Commerce) (Screenshot: paypalobjects.com)

EU oder Nicht-EU? Das ist hier die Frage...

Für dich als deutschen Online-Händler ist der Schritt in ein anderes EU-Land naheliegend und auch der unaufwendigste. Zwar ist die EU noch weit davon entfernt, der viel zitierte einheitliche (Online-) Wirtschaftsraum zu sein, jedoch sind viele rechtliche und steuerliche Fragen bereits harmonisiert. Die EU-Kommission hat zudem jüngst ihre Strategiegrundlage für einen digitalen Binnenmarkt vorgelegt. Danach soll bis Ende 2015 der Verbraucherschutz harmonisiert werden und Anbieter sollen sich auf ihre jeweils national geltenden Gesetze berufen können. Ob das tatsächlich im avisierten Zeitraum geschehen wird, steht natürlich in den Sternen über den Brüsseler Bürokratie-Kathedralen. Wenn du dich aktuell mit einem internationalen roll-out befasst, lohnt es sich auf jeden Fall, diese Entwicklung genau zu beobachten und gegebenenfalls das Inkrafttreten abzuwarten. Das könnte letztlich eine Menge Zeit, Arbeit und Geld sparen.

Sprache

Bei der Sprache gibt es keine Kompromisse. Es ist für den Erfolg unabdingbar, dass dein Shop in der Landessprache daherkommen muss. Wer glaubt, unseren französischen Nachbarn etwas in der vermeintlichen Universalsprache Englisch verkaufen zu können, wird eine Bauchlandung erleben. Garantiert!

Und es reicht nicht, die Texte aus dem deutschen Online-Shop von kompetenten Übersetzern eins zu eins in die Landessprache transferieren zu lassen. Auch hier gilt es wieder, landestypische Eigenheiten zu berücksichtigen. Einen holländischen Online-Shopper solltest du anders adressieren als einen Kunden im arabischen oder asiatischen Raum. Lass dich von lokalen Marktexperten beraten.

Tipps

  • Übersetzung durch Muttersprachler mit Branchenkenntnissen
  • Berücksichtigung kultureller Eigenheiten des Ziellandes in der Kundenansprache
  • Frontend muss Sonderzeichen der Landessprache darstellen können

Währung

Wenn dein Zielmarkt zum Euroraum gehört, gibt es hinsichtlich der Währung keinen Handlungsbedarf. Der Vollständigkeit halber sei daran erinnert, dass nicht alle EU-Mitgliedstaaten auch der Währungsunion angehören. Prominentestes Beispiel ist Großbritannien, aber auch Polen und andere Mittel- und Osteuropäische Staaten gehören (noch) zu diesem Kreis.

Hat dein Zielland eine andere Währung als den Euro, so muss deine Shopsoftware in der Lage sein, in der betreffenden Währung abzurechnen, im Frontend müssen die Preise in der Landeswährung dargestellt werden können.

Beim Handel in Fremdwährungen sind Wechselkursschwankungen ein Punkt, den du im Auge behalten solltest. So hat zum Beispiel der Rubel als Folge der Sanktionen gegen Russland in den vergangenen zwölf Monaten gegenüber dem Euro massiv an Wert eingebüßt. Umgekehrt hat der Euro gegenüber dem Schweizer Franken durch dessen Wechselkursfreigabe Anfang 2015 beträchtlich an Wert verloren. Solche Schwankungen müssen durch Preisanpassungen ausgeglichen werden. Anderenfalls verlieren deine Produkte entweder ihre preisliche Wettbewerbsfähigkeit oder dein Shop seine Profitabilität. Beides ist nicht gut.

Checkliste

  • Kann die Shopsoftware Preise in Fremdwährung darstellen und abrechnen?
  • Kursschwankungen bei Bedarf durch Preisanpassungen ausgleichen

Rechtliche Konformität

Ich habe oben bereits erwähnt, dass die EU-Kommission auch nach dem Inkrafttreten der Verbraucherrechterichtlinie am 13. Juni 2014 an weiteren rechtlichen Harmonisierungen arbeitet. Bis zur vollständigen Vereinheitlichung des Rechtsrahmens für den Onlinehandel in der EU – falls diese denn eines Tages kommen sollte – gilt folgender Grundsatz: Ein Verbraucher darf durch die AGB eines ausländischen Onlinehändlers nicht schlechter gestellt werden als durch die rechtlichen Bestimmungen seines Heimatlandes.

Der Vorteil dieser Regelung für dich ist, dass wir in Deutschland innerhalb der EU mit die strengsten Verbraucherschutzregeln haben, sodass du beim Schritt ins Ausland in aller Regel keine Verschärfungen zu befürchten hast. In der Praxis heißt das: Du kannst innerhalb der EU durchaus in deinen AGB festlegen, dass für Käufe in deinem Shop deutsches Recht gilt.

Du musst deine AGB, dein Impressum und alle weiteren Pflichtangaben wie die Widerrufsbelehrung sowie die Muster-Widerrufserklärung entsprechend anpassen. Informiere unbedingt auch über längere Lieferzeiten und höhere Versandkosten, sofern diese im Vergleich zum nationalen Verkauf anfallen.


Es ist möglich, dass bei internationaler Verwendung von Bildern in deinem Shop zusätzliche urherberrechtliche Lizenzgebühren anfallen. Das solltest du abchecken, um Ärger zu vermeiden.

Checkliste (innerhalb der EU)

  • Grundsatz: Bei Streitigkeiten gelten die Gesetze des Landes mit dem strengeren Verbraucherschutz
  • AGB, Impressum, Widerrufsbelehrung, Muster-Widerrufserklärung anpassen
  • Gegebenenfalls auf längere Lieferzeiten und höhere Versandkosten hinweisen
  • Lizenzfragen abklären
  • Produktbeschreibungen müssen auch in der Fremdsprache das Produkt korrekt beschreiben
  • Im Zweifelsfall: Prüfung durch spezialisierte Kanzlei vor Ort

Aus rechtlicher wie auch der im folgenden Punkt behandelten steuerlichen Sicht sehr komplex sind Eintritte in Märkte außerhalb Europas. Hier ist es oft erforderlich, im Zielland eine Tochtergesellschaft zu gründen, die dann komplett den dortigen nationalen rechtlichen und steuerlichen Bestimmungen unterliegt. Das umfasst auch die Vorschriften für Buchführung, Rechnungslegung, Bilanzierung und vieles mehr. Ein solcher Schritt ist ohne umfassende rechtliche und steuerliche Beratung im Gastland schlicht unmöglich. Für kleine und mittlere Online-Shops kommt das schon wegen der damit verbundenen hohen Kosten nur in Ausnahmefällen in Frage.

Tipp (außerhalb der EU)

  • Rechtliche Beratung einer spezialisierten Kanzlei vor Ort in Anspruch nehmen

Steuern

Unser aller Lieblingsthema ist die Besteuerung unserer Unternehmen. Für die Besteuerung eines Unternehmens gelten die Bestimmungen des Landes, in denen das betreffende Unternehmen seinen rechtlichen Sitz hat. Das wird bei einer Expansion in ein EU-Land für dich als deutschen Onlinehändler in der Regel Deutschland bleiben. An den rechtlichen Bestimmungen zur Unternehmensbesteuerung ändert sich daher grundsätzlich nichts.

Anders sieht es bei der Besteuerung der Umsätze aus. Hier gelten die Bestimmungen des Landes, in denen die Umsätze erzielt werden. Zu Fragen rund um die Umsatzsteuer empfehle ich den Artikel Umsatzsteuer im Ausland: Die 10 wichtigsten Tipps für Shopbetreiber.

Sonderfall Schweiz

Eine Art Sonderfall ist die Schweiz. Wegen der geografischen sowie kulturellen Nähe und nicht zuletzt der hohen Kaufkraft der Eidgenossen ist die Alpenrepublik ein beliebtes Ziel der Auslandsambitionen deutscher Shopbetreiber. Willst Du in der Schweiz aktiv werden, so muss deine Shopsoftware in der Lage sein, die spezifischen Zollbestimmungen für die Wareneinfuhr standardisiert abzubilden, umzusetzen und die entstehenden Kosten transparent darzustellen und natürlich in Schweizer Franken abzurechnen. Auch beim Verkauf in die Schweiz hast du ein Wechselkursrisiko. Ich erinnere hier noch einmal an die jüngst von der Schweiz durchgeführte Freigabe des Wechselkurses gegenüber dem Euro. Und, last but not least, ist die Schweiz nicht flächendeckend deutschsprachig. Um alle Schweizer zu erreichen, sind neben der deutschen auch die französische und italienische Sprache erforderlich.


Im nächsten Teil geht dieser Leitfaden weiter und beantwortet unter anderem Fragen zur IT-Infrastruktur, der Logistik und was du sonst noch so zur Internationalisierung deines Shops beachten musst...

Bilder: © Fotolia

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